ADHS oder RLS bei Kindern erkennen – und richtig untersuchen
Viele Eltern sind verunsichert, wenn ihr Kind unruhig ist, sich schlecht konzentrieren kann oder nachts schlecht schläft. Oft wird dann die Diagnose ADHS gestellt – aber manchmal steckt auch das Restless-Legs-Syndrom (RLS) dahinter. Die Unterscheidung ist wichtig, denn Ursachen und Behandlung sind verschieden.
Wie erkenne ich, ob mein Kind ADHS oder RLS hat?
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung)
- Das Kind ist den ganzen Tag über unruhig, impulsiv und hat Konzentrationsschwierigkeiten.
- Es fällt schwer, stillzusitzen, und es handelt oft unüberlegt.
- Die Symptome sind ganztägig und nicht nur zu bestimmten Zeiten.
RLS (Restless-Legs-Syndrom)
Das Kind hat einen starken Drang, die Beine zu bewegen, besonders in Ruhephasen – abends oder nachts.
Die Beschwerden bessern sich durch Bewegung und werden beim Sitzen oder Liegen schlimmer.
Schlafstörungen sind häufig, dadurch ist das Kind tagsüber müde, unkonzentriert oder gereizt.
Kinder mit RLS können ihre Beschwerden oft schlecht beschreiben und wirken deshalb oft einfach nur „unruhig“.
30-Sekunden-Unterscheidung
Wann ist es schlimmer?
- Tagsüber überall → eher ADHS
- In Ruhe/abends/im Bett → eher RLS
Was hilft spontan?
- Struktur & Pausen → oft ADHS
- Aufstehen/Bewegen → typisch RLS
Folgeproblem: ADHS → Ablenkbarkeit im Alltag. RLS → Schlafmangel → Tagesmüdigkeit, Gereiztheit, Konzentrationslöcher.
Symptome im Alltag – einfach erklärt
ADHS (überall & jederzeit)
- Ständig in Bewegung, platzt mit Antworten heraus, schwer „dranzubleiben“
- Ablenkbar wie „50 Browser-Tabs“
- Auffällig in Schule, Zuhause, beim Spielen – ganzer Tag
RLS (abends & in Ruhe)
- Kribbeln/„zieht/krabbelt“ in den Beinen, Bewegungsdrang
- Zappeln beim Einschlafen, Lagewechsel, steht auf
- Schlafstörungen → morgens müde, tagsüber gereizt/unaufmerksam
- Kinder können das Gefühl schlecht beschreiben → wirkt „nur unruhig“
Achtung: Wachstumsschmerzen & andere Ursachen können ähnlich wirken → ärztlich abklären!

Wie wird mein Kind richtig untersucht?
- Gespräch (Anamnese) mit Eltern & Kind: Wann und wie genau treten Beschwerden auf? Kribbeln/Schmerzen in den Beinen? Abends schlimmer?
- Körperliche Untersuchung: andere Ursachen ausschließen (z. B. Wachstumsschmerzen, rheumatisch/neurologisch)
- Bluttests – Eisenstatus: Ferritin prüfen (Eisenspeicher). Eisenmangel begünstigt RLS & verstärkt Symptome.
- Schlafuntersuchung (Polysomnographie) in ausgewählten Fällen: unwillkürliche Beinbewegungen & Schlafqualität sichtbar
- Weitere Abklärung bei Bedarf: Neurologie, KJP, Verhaltens-/Konzentrationsfragebögen
Checkliste für den Termin (zum Mitnehmen)
- Beobachtungen notieren (1–2 Wochen)
Uhrzeit/Situation, hilft Bewegung?, Schlafprotokoll: Einschlafzeit, Aufwachen, nächtliches Aufstehen, Tagesmüdigkeit - Schnarchen/Atemaussetzer? „Restless“ Strampeln?
- Schmerzen/Kribbeln wo genau? (Kind nach eigenen Worten fragen)
- Fragen an den Arzt/die Ärztin
ADHS oder RLS – und warum? Welche Untersuchungen sind sinnvoll (Schlaflabor, Blut/Eisen, Fragebögen)? - Welche anderen Ursachen schließen wir aus? (Wachstumsschmerzen, Schlafapnoe, Stress …)
- Behandlung je nach Befund – und was hilft jetzt sofort im Alltag?

Was passiert im Gehirn bei RLS?
Bei RLS ist das Dopamin-System (Botenstoff für Bewegungssteuerung) aus dem Gleichgewicht. Zusätzlich besteht häufig Eisenmangel im Gehirn – Eisen ist wichtig für die Dopaminherstellung. Das Zusammenspiel führt zu unangenehmen Empfindungen & Bewegungsdrang in Ruhe, besonders abends/nachts.
Unterschiede in der Gehirnfunktion (ADHS vs. RLS)
ADHS
Vor allem Aufmerksamkeits- & Impulskontroll-Netzwerke betroffen (frontale Kortex, Basalganglien, Kleinhirn). Veränderte Dopamin-Regulation → Probleme mit Konzentration, Planung, Inhibition.
RLS
Sensorisch-motorische Netzwerke & Dopamin/Eisen-Haushalt betroffen → Bewegungsdrang in Ruhe & Schlafstörung.
Kurz: ADHS = „Steuerzentrale fürs Aufpassen & Bremsen“ arbeitet anders. RLS = „Gefühl & Bewegung“ aus dem Takt (Dopamin/Eisen), v. a. abends/in Ruhe.

Warum wird oft zu schnell ADHS diagnostiziert?
- Die Symptome von ADHS sind weithin bekannt und sichtbar, weshalb Ärzte und Eltern schneller an ADHS denken.
- Zeitdruck & komplexe Differentialdiagnostik (Schlaf/RLS) fehlen im Alltag
- Kinder beschreiben RLS-Gefühle oft ungenau
- Schuldruck & Wunsch nach schneller Lösung → vorschnelle Diagnosen
Was passiert bei Fehldiagnose?
- ADHS-Medikamente/Verhaltenstherapie helfen nicht gegen RLS
- Schlafmangel bleibt → Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, Leistungsdefizite
- Unnötige Nebenwirkungen möglich, Kernproblem verschärft sich


Was du heute schon tun kannst
- Schlafprotokoll starten (7–14 Tage)
- Abendroutine ruhig & gleichbleibend (Licht runter, Screens aus, Bewegung vor dem Schlafen – nicht im Bett)
- Ferritin checken lassen (keine Eigenmedikation ohne Befund)
- Tägliche Bewegung, abends ggf. Dehnen/Wärme
- Gewichtete Decke & Co. können beruhigen – kein Ersatz für Diagnostik; sicher anwenden
Checkliste
FAQ
Kann ein Kind beides haben?
Ja. Schlaf, Eisen & Verhalten parallel anschauen.
Wann sofort abklären?
Starke Schmerzen, auffälliges Schnarchen/Atempausen, neurologische Auffälligkeiten, ausgeprägte Tagesmüdigkeit → rasch ärztlich vorstellen.
Fazit
Wenn Unruhe, Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen auftreten, ist es wichtig, dass Eltern und Ärzte genau hinschauen und nicht zu schnell eine ADHS-Diagnose stellen. Eine gründliche Untersuchung und klare Abgrenzung zu RLS und anderen Ursachen helfen, die richtige Behandlung zu finden und das Wohlbefinden des Kindes zu verbessern. Bei Verdacht auf RLS sollte immer auch der Eisenstatus geprüft und gegebenenfalls eine Schlafuntersuchung durchgeführt werden.
So bekommt dein Kind die passende Behandlung – und du die Sicherheit, das Richtige zu tun.
Rechtlicher Hinweis
Dieser Beitrag ersetzt keine Diagnose. Er hilft dir, gezielt nachzufragen und Untersuchungen einzufordern.


